„Ein Fiasko für die Landesregierung“ – Auch Jagdbehörden und Kreisjagdmeister lehnen den Jagdgesetzentwurf ab
Gensingen/Mainz – In der Debatte um die Novellierung des Landesjagdgesetzes in Rheinland-Pfalz verstärkt sich die Ablehnung. In einer Arbeitssitzung im Ministerium für Klima Umwelt Energie und Mobilität am 8. September 2023 wurde der Gesetzesentwurf von keiner Unteren Jagdbehörde unterstützt. Auch die Kreisjagdmeister lehnten den Entwurf ab.
Das Ministerium hatte zu der Arbeitssitzung eingeladen, um einen fachlichen Austausch über den Gesetzesentwurf der Landesregierung durchzuführen. Eingeladen waren die Unteren Jagdbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte, sowie deren Kreisjagdmeister. „Um es klar zu sagen: Das war eine hochkarätig besetzte Sitzung mit der gebündelten Fachexpertise aus dem gesamten Land“, merkt Dieter Mahr an, der Präsident des Landesjagdverbandes Rheinland-Pfalz e.V. (LJV) mit Sitz in Gensingen.
Im Rahmen der Sitzung wurde von den rund 80 Teilnehmern eine Abstimmung über das Gesetzesvorhaben gefordert. Diese kam zu einem eindeutigen Ergebnis: Bei zwei Enthaltungen wurde der Gesetzesentwurf einstimmig abgelehnt. „Das ist ein Fiasko für die Landesregierung. Wie soll mit einem Gesetzesentwurf gearbeitet werden, den die zuständigen Fachbehörden in Fläche nicht nur kritisieren, sondern rundweg ablehnen?“, fragt Mahr. Mahr sieht sich hierbei in der Haltung und Arbeit seines Verbandes bestätigt. „Wir lehnen den Gesetzesentwurf seit dem ersten Tag ab – und zwar mit guten sachlichen und juristischen Gründen. Es sollte der Landesregierung zu denken geben, dass wir mit unseren Argumenten auch aus Sicht der Jagdbehörden und Kreisjagdmeister völlig richtig liegen. Dieser Entwurf muss weg!“
Der Präsident des LJV bringt seine Hoffnung zum Ausdruck, dass mit der immer größer werdenden Kritik endlich ein Umdenken im Ministerium stattfindet und dass man nach der Rücknahme des Gesetzesentwurf konstruktiv mit allen Beteiligten an einer Lösung arbeiten kann, das den Zielsetzungen auch mit Blick auf den Waldumbau wirklich gerecht wird.
Die Sitzung musste abgebrochen werden, weil die Zeit nicht ausreichte, um alle Änderungen zu besprechen. Die Unteren Jagdbehörden und Kreisjagdmeister wurden darauf vertröstet, nunmehr ihre Ablehnung weitergehend bis zum 15. Oktober 2023 schriftlich auszuarbeiten.
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PRESSEMELDUNG
Das neue Landesjagdgesetz provoziert einen Warnstreik der Jägerschaft
Vom Landesjagdverband Rheinland-Pfalz kommt scharfe Kritik zum Entwurf des neuen Jagdgesetzes. Trotz positiver Umsetzung einiger Anliegen des Verbandes, wurden die durch den Verband im Vorfeld kommunizierten roten Linien mehrfach überschritten. Deswegen ruft der Verband seine 20.000 Mitglieder zu einem sofortigen Warnstreik auf. Ab sofort entsorgen die Jägerinnen und Jäger in Rheinland-Pfalz kein Unfallwild mehr.
Gensingen 05.07.2023 – „Inakzeptabel.“ Mit dieser klaren Aussage äußert sich der Präsident des Verbandes Dieter Mahr zu dem am Dienstag vorgestellten Entwurf. „Wir haben im Vorfeld der Veröffentlichung des Gesetzesentwurfs deutlich gemacht, dass es dunkelrote Linien für uns und unsere Mitglieder gibt, die seitens der verantwortlichen Abteilung im Ministerium nicht überschritten werden dürfen. Das hat man leider nicht ernst genommen“, so Mahr.
Untragbar sind in diesem Zusammenhang aus Sicht des Verbandes vor allem die deutlichen Einschränkungen des bewährten Reviersystems. Zukünftig sollen Grundstückseigentümer neben dem Jagdpächter jagen dürfen. „In einer Mietwohnung sitzt auch nicht der Vermieter mit am Küchentisch. Dieser und andere Vorschläge werden dazu führen, dass Jagdreviere zum Nachteil der Landwirtschaft unverpachtbar werden“, so Mahr. Außerdem besteht der Verband darauf, dass es nach wie vor einen auch von der Jägerschaft direkt gewählten Kreisjagdmeister geben muss. Auf dieses bewährte Prinzip direkter Demokratie darf nicht verzichtet werden. Völlig inakzeptabel ist mithin die Festsetzung von scharfen Sanktionen, die den privaten ehrenamtlichen Jägern drohen, wenn die „im allgemeinen Interesse liegenden Wirkungen des Waldes“ aus Sicht der Forstbehörden gefährdet sind. Denn die Interessen des Forstes decken sich nicht immer mit den Interessen von Artenschutz und Tierwohl.
Im Entwurf der Gesetzesvorlage finden sich einige weitere Passagen, die die Jägerschaft auf keinen Fall mittragen wird.
Die fast 20.000 Jägerinnen und Jäger, die sich im Landesjagdverband organisieren, arbeiten ehrenamtlich mit großem Zeiteinsatz und Engagement. Die Vielschichtigkeit der Aufgaben hat zu engmaschigen Strukturen geführt, die in bester Zusammenarbeit mit den Jagdbehörden und den Kommunen alle Interessen in Wald und Feld berücksichtigen. Dies sieht der LJV nun gefährdet: „Wer die Jägerschaft nur noch als Erfüllungsgehilfen zur Erreichung politischer und ökonomischer Ziele betrachtet, riskiert, dass die Jägerschaft ihr freiwilliges Engagement einstellt“, warnt Mahr. Frappierend ist in diesem Zusammenhang, dass die Jäger zu bisher freiwillig erbrachten Leistungen gesetzlich verpflichtet werden sollen, so im Bereich der Kitzrettung und des Wildmonitorings. Dieter Mahr hierzu: „Wir warten gespannt darauf, wer außerhalb des Jagdwesens als nächstes dienstverpflichtet wird. So kann man mit den Jägerinnen und Jägern, die sich seit Jahrzehnten in vielen Dingen ehrenamtlich engagieren, nicht umgehen.“
Der Verband sieht sich und die Expertise seiner Mitglieder mit Füßen getreten. „Wer meint, er könne die großen Aufgaben in Feld und Flur durch Entscheidungen über die Köpfe der privaten Jägerschaft hinweg erfüllen, der muss auch die Frage beantworten: Wer macht’s, wenn nicht wir!?“ Um diesem Thema Nachdruck zu verleihen, hat der Verband seine Mitglieder dazu aufgerufen, ab sofort landesweit die Entsorgung von Fall- und Unfallwild einzustellen.
Die Entsorgung von toten Wildtieren im Straßengraben wird in weiten Teilen des Landes von der Jägerschaft erledigt, ohne dass es hierfür eine gesetzliche Verpflichtung gibt. „Wir leisten das freiwillig, so wie auch viele weitere unserer Leistungen für die Grundstückseigentümer und die Gesellschaft freiwillig und ohne Entlohnung erfolgen“, betont Mahr. Der Warnstreik ist zeitlich zunächst bis zum 31. August 2023 befristet und betrifft ausdrücklich nicht die Erlegung von verletzten Wildtieren, das gebietet der Tierschutz. Nur für die Kadaverbeseitigung stehe man nicht mehr zur Verfügung, so der LJV-Präsident. Der Verband weist darauf hin, dass in Rheinland-Pfalz für Jedermann eine Verpflichtung besteht, tote Wildtiere u.a. bei der nächsten Gemeindeverwaltung bzw. Forst- oder Polizeidienststelle anzuzeigen. Bei Nichtbeachtung drohen Bußgelder. Der Verband bittet die Bevölkerung darum, den Meldepflichten nachzukommen, damit die Kadaver von den gesetzlich zuständigen Stellen beseitigt werden können.
„Zu diesem Schritt sind wir leider gezwungen, um uns Gehör zu verschaffen. Wir sind aber weiterhin zu einem konstruktiven Dialog bereit, um gemeinsam für Wald und Flur im Einklang mit dem Wild und der Natur zu einer sinnvollen Weiterentwicklung des Gesetzes zu kommen. Denn wir nehmen sehr wohl positiv zur Kenntnis, dass einige unserer langjährigen Forderungen integriert wurden, wie die Aufhebung der Bewirtschaftungsbezirke für Rotwild, die Beibehaltung der Grundsätze von Hege und Waidgerechtigkeit sowie die Ansätze zur Digitalisierung des – Stichwort Wildtierportal. Insgesamt ist es jedoch ein Schlag ins Gesicht der gesamten Jägerschaft. Das werden wir uns nicht kampflos gefallen lassen!“, fasst Mahr die Gemütslage der Mitglieder des Landesjagdverbandes zusammen.
Kontakt:
Landesjagdverband Rheinland-Pfalz e. V.
Fasanerie 1, 55457 Gensingen
Tel. 06727-8944-17, Fax: 06727-8944-22
Regierungsentwurf Landesjagdgesetz RLP

