Verkauft der Jäger sein Wild an Dritte gilt er als Lebensmittelunternehmen. Damit unterliegt er zahlreichen Rechten und Pflichten, die er einzuhalten hat, wenn er Wild oder Wildfleisch in Verkehr bringen möchte. Zur Erinnerung: Die EU stellt mit der Verordnung (EG) 852/2004 (Lebensmittelhygiene) und der Verordnung (EG) 853/2004 (spezifische Hygienevorschriften) den gesetzlichen Rahmen für den Jäger als Lebensmittelunternehmer, insofern seine Tätigkeit dem EU-Recht unterliegt. Dagegen ist ausschließlich das nationale Lebensmittelhygienerecht zu beachten, wenn das Primärprodukt Wild (Wild in Decke, Federkleid etc. aufgebrochen, ausgeweidet etc.) nur in kleinen Mengen auf bestimmten Vermarktungswegen in den Verkehr gebracht wird. Wenn der Jäger Wild nicht nur für den Eigenverbrauch verwendet, hat er, durch EU-Recht bestimmt, allerdings die Pflichten eines Lebensmittelunternehmers. Dem vorangestellt soll hier die Praxis für den nicht gewerbetreibenden Jäger betrachtet werden, also bezogen auf den Jäger, der kleine Mengen aus der Tagesstrecke seines Reviers vermarkten möchte.
Die Praxis
Grundsätzlich kennen wir Jäger fünf Möglichkeiten der Nutzung unseres Wildbrets – jede unterliegt anderen Voraussetzungen und erfordert andere Genehmigungen. Und das wird auch noch von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich gehandhabt. Dass jeder Jägerhaushalt, der Wild für sich und andere zu Lebensmitteln verarbeitet, über geeignete Kühlmöglichkeiten verfügt, sollte heute selbstverständlich sein. Grundsätzlich gilt zudem bei allen fünf Wegen sowohl die Pflicht zur vorherigen amtlichen Fleischuntersuchung, wenn vom Jäger bedenkliche Merkmale festgestellt wurden, als auch natürlich die gesetzlich vorgeschriebene Trichinenuntersuchung bei entsprechenden Wildarten. Im Folgenden erläutern und kommentieren wir die fünf Möglichkeiten der Nutzung von Wild als Lebensmittel, nämlich den Eigenverbrauch und vier Vermarktungswege:
1. Der Eigenverbrauch des erlegten Wildes
Verwertet der Jäger sein Wild im eigenen Haushalt, greift das Bundesrecht – das allerdings auch nur hinsichtlich der möglichen Verpflichtung zur Durchführung amtlicher Untersuchungen, wenn der Jäger vor oder nach dem Erlegen den Verdacht hat, dass das Fleisch gesundheitlich bedenklich sein könnte. Gefordert wird vom Bund lediglich eine „Schulung“ in Wildbrethygiene, um beim Wild diese bedenklichen Merkmale feststellen zu können, die seit Februar 1987 allerdings fester Bestandteil der Jungjägerausbildung ist. Nachschulungen in Verbindung mit dem für das EU-Recht notwendigen Nachweis als „kundige Person“ (siehe Punkt 5) werden regelmäßig von den Kreisjägerschaften und Kreisgruppen des LJV dezentral angeboten. Obligatorisch ist zudem die Trichinenuntersuchung zum Beispiel beim Schwarzwild.
2. Abgaben kleiner Mengen in Decke, Schwarte, Balg oder Federkleid an Endverbraucher, Einzelhandel oder an die Gastronomie
Hier gilt das EU-Recht nicht (siehe § 5 LMHV Absatz 1 und Absatz 2 Nummer 2 sowie § 3 und 4 a Tier-LMHV). Das heißt, Jäger müssen zum Beispiel eine geeignete Kühlmöglichkeit nachweisen und ausreichend geschult sein (siehe Punkt 1). Achtung: In manchen Bundesländern geht mit dieser Schulung die Einweisung in die Entnahme von Trichinenproben einher, daher sollte jeder Jäger – auch diejenigen, die nach dem 01.02.1987 ihren Jagdschein absolviert haben – diesen mehrstündigen Lehrgang wahrnehmen. Gleichzeitig sollte sich der Schwarzwildjäger mit eigener Pacht beim zuständigen Amt mit der Trichinenprobenentnahme beauftragen lassen. Das erleichtert den weiteren Vermarktungsprozess ungemein: Das Wild muss am Erlege- oder Wohnort des über das Wild Verfügungsberechtigten verbleiben, bis eine notwendige Fleisch- oder Trichinenuntersuchung mit amtlichem Ergebnis abgeschlossen ist. Dann muss sich der Jäger bei dem für seinen Wohnort zuständigen Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt formlos als Lebensmittelunternehmer registrieren (die Ämter halten dafür sogar mittlerweile ein Formblatt bereit, das allein jedoch Unterschiede von Kreis zu Kreis und von Land zu Land aufweist). Viele Jäger meinen allerdings, sie würden damit eine Art steuerpflichtiges Gewerbe anmelden. Das ist falsch, es geht lediglich um die Registrierung als Lebensmittelunternehmer beim zuständigen Amt. Jäger, die kleine Mengen von Wild (der Begriff „Tagesstrecke“ taucht dabei immer wieder auf – es können nach heutigem Muster ein Kanin, aber auch 55 Stück Schwarzwild sein) veräußern, müssen kein Gewerbe anmelden. Mit dieser Registrierung muss auch noch keine entsprechende Zerwirkstätte nachgewiesen werden, sofern das Wild im Ganzen, wie eingangs beschrieben, veräußert wird.
3. Abgabe kleiner Mengen Wildfleisch (aus der Decke etc. geschlagen und küchenfertig zerwirkt)
Wir alle wissen, dass dieser Vermarktungsweg der heutzutage üblichste ist. Der Endverbraucher, aber auch die Gastronomie kauft heute nur in den seltensten Fällen ein Stück Wild im Ganzen. Gleichzeitig ist Wildbret im Trend, weil es auch ohne große Werbung in der Öffentlichkeit als fair erzeugtes, nachhaltiges und hervorragendes Lebensmittel wahrgenommen wird. Leider bereitet aber gerade dieser Absatzkanal den meisten Jägern aufgrund der Gesetzeslage die größten Schwierigkeiten. Auch hier muss der Jäger eine geeignete Kühlung nachweisen, ausreichend geschult sein und sich als Lebensmittelunternehmer bei der zuständigen Stelle registrieren (da hier Verordnung [EG] 852/2004 anwendbar ist, ergibt sich die Pflicht zur Registrierung aus Artikel 6). Es ist weiterhin gegebenenfalls die Vita des betreffenden Stückes Wild mit einem landesrechtlich geregelten Wildbegleitschein zu dokumentieren. Die größte Hürde stellt hier allerdings der Weg oder Ort dar, wie oder an dem das Wild küchenfertig zubereitet werden soll. Grundsätzlich gibt es hier zwei Möglichkeiten: a) selbst zerlegen oder b) zerlegen lassen.
Selbst zerlegen
Will der Jäger selbst zerlegen, muss er dafür einen geeigneten Raum vorweisen können. Nur wenige Jäger haben Raum und Budget für eine Bilderbuch-Wildkammer. Deshalb werden Jäger vom Fleischhygienerecht grundsätzlich privilegiert behandelt. So muss die Zerwirkstätte in ihrer Beschaffenheit und Ausstattung Mindestanforderungen, wie sie für Wildkammern gelten, erfüllen. Das heißt, sie muss eine Ausstattung zum Reinigen der Hände und Werkzeuge mit fließend kaltem und warmem Trinkwasser vorweisen können. Leicht zu reinigende Arbeitsflächen und Arbeitsmaterialien sowie die Einhaltung der persönlichen Hygiene (Schürze, Einweghandschuhe) sind Vorschrift. Beim Bearbeiten des Wildes ist die Berührung von Haar-/Federseite mit der Fleischseite zu vermeiden, und eine Temperatur von +4 bis +7 Grad Celsius darf nicht überschritten werden (bei ausreichend gekühltem Wild und zügiger Verarbeitung sollte das bei normaler Raumtemperatur zu schaffen sein). Nach dem Verarbeiten des Wildes, der nachfolgenden Vakuumierung, Beschriftung mit Zerlegedatum etc. müssen alle Gerätschaften gereinigt und desinfiziert werden. Die Dokumentation, was wann zerlegt und an wen vermarktet wurde, rundet schließlich den Prozess der Lebensmittelgewinnung ab. Mit der passenden Einrichtung könnte dies alles im eigenen Hause lösbar sein. Ob das zuständige Amt allerdings dann die Küche als Zerlegeort zulässt, liegt in dessen Ermessen (Hilfestellung hierzu gibt die Verordnung [EG] 852/2004 in Anhang II Kapitel II).
Zerlegen lassen
Metzger bzw. gewerbliche Fleischereibetriebe verfügen über Räume, in denen Sauberkeit und Hygiene höchste Priorität besitzen. Sofern dort Wild und andere Fleischprodukte separat verarbeitet werden können, wäre hier eine Herstellung von ordnungsgemäßem und hygienisch einwandfreiem Wildbret gewährleistet. Manche Bundesländer (zum Beispiel Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen) lassen die Hilfe eines Metzgers beim Zerwirken von Schalenwild in dessen Räumen zu.
4. Vermarktung veredelter Ware wie Wurst etc. (Wilderzeugnisse)
Die Königsdisziplin der Wildvermarktung unterliegt neben den vorgenannten Voraussetzungen vor allem der sogenannten HACCP-Eigenkontrolle (Hazard Analysis and Critical Control Points), sprich besonders hohen Küchenstandards, die in der Regel nur gewerbliche Metzgereibetriebe leisten können. Daher bleibt diese Vermarktungsart dem „normalen“ Jägerhaushalt in der Regel vorenthalten. Der Jäger müsste dazu grundsätzlich seinen Betrieb zumindest als Betrieb des Einzelhandels registrieren lassen. Einige Bundesländer, wie zum Beispiel Thüringen, erlauben hier die Zuhilfenahme eines zugelassenen Metzgereibetriebes zur Herstellung dieser Produkte zur anschließenden Weitervermarktung an Endkunden. Voraussetzung ist die gesetzlich vorgeschriebene Kennzeichnung der Produkte mit Inhaltsstoffen, Zusatzstoffen etc.
5. Vermarktung an den Wildhandel und/oder Wildbearbeitungsbetrieb
Nicht wenige Jäger geben ihr Wild, insbesondere wenn größere Strecken oder starkes Wild anfallen, an den Wildhandel ab. Dafür müssen sie „kundige Person“ sein (Fähigkeit, bedenkliche Merkmale zu erkennen), beim zuständigen Amt als Lebensmittelunternehmer registriert sein und Nachweis über Herkunft und Verbleib des Wildes führen (Wildbegleitschein). Gegebenenfalls kommt dabei nur eine Vermarktung über zugelassene Wildbearbeitungsbetriebe in Betracht. Achtung: länderabhängig! Auch hier empfiehlt sich der Weg zur lokalen Behörde, um die Umstände des Einzelfalls zu besprechen.
Schlussbetrachtung und Empfehlung
Das gesetzeskonforme Zubereiten und Vermarkten von Wildfleisch ist durch EU-Recht und nationales Recht (Lebensmittelverordnungen) einheitlich geregelt. Im Detail kommen aber teilweise mögliche Landesregelungen oder mögliche Ermessensspielräume der zuständigen Behörden (Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter) zum Tragen. Unsere Empfehlung lautet daher: Suchen Sie das Gespräch mit Ihrer zuständigen Behörde, und erarbeiten Sie dort gemeinsam die für Sie passende Lösung. Die Erfahrung zeigt, dass, wie so oft, der Dialog hilft und die Mitarbeiter in den Ämtern jedem hilfsbereit zur Seite stehen, der ihnen entsprechend begegnet.